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AutorenbildJens Burghold

Wenn Glauben Wissen ersetzt und eine Pazifisten - Generation Krieg spielen will.




Deutschland überrascht mich. Ein halbes Volk schmeißt den Virologen Kittel in die Ecke und schlüpft in den Kampfanzug. Schnell noch das Profilbild auf Facebook blau-gelb eingefärbt und in den Chats nach Waffen gebrüllt. Beim Wehrdienst waren die wenigsten.


Als gedienter NVA Soldat einer Mot-Schützen Einheit, mit mehrfachen Reserve Einsätzen und gemeinsamen Übungen mit sowjetisch/ukrainischen Kameraden, wird mir dann doch ein wenig bange um das Kämpferherz.


Damit stehe ich nicht allein da. Brigadegeneral a.D. Erich Vad, Politikprofessor Johannes Varwick, Ex-Diplomat Rolf Nikel und viele andere warnen eindringlich vor einer Ausweitung dieses Krieges.


Mit dem Willen zur Deeskalation gehörst du plötzlich nicht mehr dazu. Es existiert eine mediale Wirklichkeit, in der ein falsches Wort genügt, um in Teufels Küche zu kommen.


Eine sehr verengte Debattenkultur in den Talkshows, ein wüstes Gemetzel in den sozialen Medien tun ihr Übriges. Wenn permanent ideologische Pfeile in dein Gehirn geschossen werden und eine riesige Moralkeule geschwungen wird, ist jede offene Debatte gestorben.


Emma-Brief-Unterstützer brauchen derzeit ein schnelles Pferd und ich habe nicht mal genug Strom auf dem Akku meines E-Autos.


Eine Gesellschaft, die keine Grautöne mehr kennt, wird verlieren.


Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich ausdrücklich betonen: Dieser schreckliche Krieg von Russland gegen die Ukraine ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen. Putin ist der Aggressor. Putins Politik verstehen zu wollen, heißt nicht, sie zu akzeptieren. Das kann allerdings zur Lösungsfindung beitragen.


Wenn die komplette Regierungsbank ohne Wehrdienst Erfahrung jetzt nach schwersten Waffen brüllt, kommen Fragen auf. Warum wollen die Wehrdienstverweigerer plötzlich in den Krieg? Mit diesem Sinneswandel müssten sich alle, die gesamte Regierungsbank, durch die Gewissensprüfung gelogen haben.


All jene, die die Sicherheitsarchitektur Deutschlands zerstört haben, schwadronieren über Waffensysteme, die sie noch nie gesehen haben.


„Ukraine braucht Waffen, Waffen und nochmals Waffen“, brüllt der grüne Anton vom Reiterhof.

Er sollte verstehen, seine Erfahrung im erfolgreichen Kampf gegen die Friseure dieser Welt, hilft bei dieser geopolitischen Auseinandersetzung nicht weiter.


Es ist schizophren, wenn sich die größten Pazifisten plötzlich im Kriegsmodus befinden und in einer abartigen Stimmung an Feindbildern berauschen. Lesenswert hierzu: „Die Schlafwandler, wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog.“ Es war alles schon einmal da.


Eine Partei, die Angst vor einem Tsunami gegen Atomkraftwerke in Deutschland hat, hat keine Angst vor Atomwaffen, die die gesamte Erde 1000-fach auslöschen können.


Mit dem Regierungsantritt der Grünen verschwand die Friedensbewegung. Der Irak Krieg und der Nato Doppelbeschluss trieb Millionen auf die Straße. Im April 1981 stellten die Grünen noch Strafanzeige gegen die Bundesregierung wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges. Menschenmassen im Westen beeindrucken aus meiner Sicht Putin mehr, als drei hemdsärmelige Politiker im Zug.


Lars Klingbeil erläuterte bei Lanz: „Auf der Münchener Sicherheitskonferenz, vier Tage vor Kriegsausbruch, bezeugten 99 Prozent aller Experten, dass dieser Krieg nicht ausbrechen wird.“ Ohne weitere Worte.


„Der Putin droht nur“, sagen zurzeit wieder über 90 Prozent aller Experten. Ein alter Mann, der nichts mehr zu verlieren hat?


Wir befinden uns nicht in einem Super-Mario-Spiel. Im wahren Leben kann man kein Level wiederholen, wenn man es gründlich verbockt hat.


Es gibt auch keine Cheats, um fahrlässig verplemperten Wohlstand und verlorenen Frieden wieder zurück zu ergaunern.


Wenn der falsche Mann, zur falschen Zeit auf den falschen Knopf drückt, war es das. Vorteil hat, wer zuerst drückt. Der lebt 30 Minuten länger. Von Kaliningrad nach Paris sind es 200 Sekunden, nach London 202 Sekunden, nach Berlin 106 Sekunden. Vier Sekunden, bis ein menschlicher Körper verdampft ist.


Wo sollen die Kompetenzen auch herkommen? Bei einer einzigen Professur für Militärgeschichte in Deutschland, dafür 200 Professuren in Genderstudies? Wenn der Schützenpanzer Puma die Feinstaub-Kriterien einhalten muss, damit auch Schwangere keinen Schaden nehmen, kann die nette ältere Frau am Ende nur ein paar Helme verschenken. Mehr ist nicht drin.


Nur mit einer differenzierten geopolitischen Betrachtungsweise ist eine Lösung möglich.


Ein Artikel in der Finanzmarktwelt hat die Situation richtig beschrieben:


„Russland ist von Bergen, Meer und Eis umgeben, bis auf eine offene Flanke, die nordeuropäische Tiefebene. Sie ist die Achillesferse der russischen Verteidigung und erstreckt sich von Frankreich bis zum Ural-Gebirge, das eine natürliche Grenze zwischen Europa und Asien bildet. An ihrer schmalsten Stelle zwischen der Ostsee und den Karpaten ist die Ebene ca. 500 Kilometer breit. Von da an wird der schmale Keil, den sie dort bildet, immer breiter, bis er an der russischen Grenze zu einer riesigen Fläche wird, die in ihrer Breite über 3200 Kilometer misst. Von der Länge her betrachtet steht für einen Invasor tatsächlich bis ins russische Kernland hinein, bis nach Moskau, ebenfalls kein natürliches Hindernis mehr im Weg. Das Land bleibt flach. Selbst eine sehr große Armee hätte Schwierigkeiten, solch offene Flanken zu verteidigen. Das sind die geopolitischen Fakten, mit denen sich jeder russische Anführer seit Jahrhunderten konfrontiert sah, sei er Zar oder Diktator gewesen oder aber wie derzeit Präsident!“

Zum Weiterlesen:


Ergänzend zu erwähnen: Zu Zeiten des Warschauer Paktes wurde diese Schutzfunktion von den Ostblockstaaten übernommen. Viele gehören mittlerweile zur NATO. Der Ring schließt sich eng um Russland.


Die Ukraine ist seit 2018 offiziell NATO – Beitrittskandidat, eine Neutralität der Ukraine wollte der Westen Russland auf keinen Fall zugestehen.


Bei einem ähnlichen Szenario in Amerika hätte Joe Biden längst die Knarre aus der Kiste geholt.


Jeder, der von Geografie ein bisschen Ahnung hat, weiß wie Weltmächte ticken. Wir sehen hier ein politisches Versagen aller handelnden Personen. Wenn der NATO Ring um Russland immer enger geschnürt wird, die NATO im Jahr 2021 noch große Manöver in der Ukraine durchführt, wer Putin in Bukarest zugehört hat, braucht sich heute nicht zu wundern.


Ein Archivfund bestätigt die Sicht der Russen bei NATO-Osterweiterung.

„Wir haben deutlich gemacht, dass wir die NATO nicht über die Elbe hinaus ausdehnen“, schrieb der deutsche Diplomat Jürgen Chrobog über ein Treffen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands im März 1991.



Wir erleben die Rechnung einer missachteten Geopolitik der letzten 30 Jahre durch Europa und die USA. Die Korrektur wird sehr schmerzhaft sein, die Ukraine ist das erste Opfer.

Krieg ist der Ausdruck des Scheiterns von Politik und Diplomatie

Putin hat völlig kaltblütig die Lage erfasst, sein Land auf den Kampf vorbereitet und handelt. Nur, wenn wir die geopolitische Lage respektieren, können wir Putin entsprechend gegenübertreten.


Statt einen Handel anzustreben, werden Menschenleben geopfert. Erfolgreiche Verhandlungen haben es an sich, beiden Partnern einen Erfolg zukommen zu lassen.


Ohne Russland ein bisschen Sieg in den Verhandlungen zu gönnen, gibt es keinen Erfolg. Das weiß der Unternehmer. Das übersteigt die Vorstellungskraft der Politiker. Deshalb wird nach einem heißen Krieg mit mehr Waffen und immer mehr Toten gebrüllt.


„Baue deinem Gegner eine goldene Brücke, über die er sich zurückziehen kann.“ - Sun Tzu

Wenn es vielen auch nicht gefällt: Gerhard Schröder wäre ein idealer Verhandler gewesen. Dafür gab es aber von keiner Seite eine Unterstützung. Stattdessen werden schnell die Schröder Kaffeetassen aus dem SPD-Shop entfernt. Jetzt bleiben nur noch die Amerikaner als Verhandler. Wenn die denn wollen?


Will der Westen überhaupt eine Verhandlungslösung?

Während der Gespräche in Istanbul, Ende März 2022, gab es zwischen beiden Parteien eine große Annäherung. Unter Verweis auf die Financial Times vermeldete das Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass sich beide Seiten in einem vielversprechenden Entwurf eines Waffenstillstands-Dokuments wichtige Zugeständnisse gemacht hätten. Diese kleine Hoffnung wurde schnell wieder zerschlagen. Die Washington Post meldete wortwörtlich: For some in NATO, it’s better for the Ukrainians to keep fighting, and dying, than to achieve a peace that comes too early or at too high a cost to Kyiv and the rest of Europe.


„Für einige in der NATO ist es besser, wenn die Ukrainer weiter kämpfen und sterben als einen Frieden zu erreichen, der zu früh kommt oder zu einem zu hohen Preis für Kiew und das übrige Europa.“


Wer kontrolliert die Waffen?

Wenn ich die Zahlen richtig verstehe, wurden knapp 100.000 Panzer- und Flugabwehrwaffen in die Ukraine geliefert. Ein Teil wird den Russen in die Hände fallen, ein Teil auf dem Schwarzmarkt verschwinden. Zukünftiges Fliegen entwickelt sich damit zu einem spannenden Thema.


Mit Social Media und der ständigen Moralisierung der Diskussion ist dieser Krieg nicht zu beenden.


Wir können auf geopolitische Argumente mit weiteren Moral-Appellen antworten, das gute Gefühl wird uns und vor allem der Ukraine nicht helfen.


Wenn ein Kieler Edeka-Markt, mit offensichtlich wirtschaftlichen Hintergedanken, Putin Hausverbot erteilt, befeuert das den medialen Wirbel, stören wird es Putin nicht.


Wenn die Klitschkos mit großen Blumensträußen in sauberen Uniformen über die Schlachtfelder tingeln und rührende Instagram Bilder liefern, gibt es viel Applaus, zur Lösung des Konfliktes trägt das nicht bei.


Wenn Cathy Hummels im Ukraine Fummel gleich noch Luxus Handtaschen präsentiert, schäme ich mich für diese Art der Selbstinszenierung.


Wenn Friedrich Merz im Schlafwagen auf dem frisch bezogenen Bett und sorgfältig drapierten Wasserflaschen, mit verquollenen Augen in die Kamera blickt, möchte man ihn erst einmal drücken. Wo will er hin? Was hat er vor? Was sind seine Ziele? Das Parlament hat ihn eingeladen! Zum Fototermin? Das weiß keiner.


Die Ergebnisse wird er nur mit dem Bundeskanzler persönlich besprechen. Dieser hat wahrscheinlich Null Bock darauf. Das heißt, der Nutzen dieser abenteuerlichen Zugfahrt wird uns für immer verborgen bleiben. Dann bleibt am Ende nur die Mineralwasser Werbung im Hintergrund übrig.


Dieses politische Schauspiel auf allen Kanälen, macht einfach nur noch fassungslos.




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