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16 Monate an öffentlichen Ladestationen - Nachhaltige Mobilität politisch nicht zu Ende gedacht

Eine Grünen-Tagung im Jahr 2020. Eine wütende Frau schrie mich und alle anderen Dieselfahrer aus dem Fernseher an.


Ich versuchte, mich in sie hineinzudenken. Hat sie recht? Kann die E-Mobilität uns alle retten, kann das so funktionieren? Ich recherchierte. Sie konnte es nicht besser wissen. Sie hatte es nicht gelernt.


Ich habe zwar Schule, Elektro-Beruf und technisches Studium abgeschlossen, Ahnung von Elektromobilität habe ich wenig.


Es ergibt für mich keinen Sinn, über ein Thema zu diskutieren, womit ich mich nicht auskenne. Das beherrschen nur die Grünen in Perfektion. E-Autos fahren die wenigsten.


Kann die breite Masse, ohne eigene Ladestation zu Hause oder auf der Arbeit, elektrisch durch den Tag kommen? Gibt das die Infrastruktur her? Das wollte ich in einem Test über 18 Monate herausbekommen.


Nach 16 Monaten der Abbruch. Das Fahrzeug griff zu brutal in mein Leben ein. Es bestimmte und erschwerte meinen Alltag.


Ich beschreibe die Situationen an den Ladesäulen, die Verbräuche, die Ladeverluste, die horrenden Preise, die Schäden durch das Gewicht des Fahrzeuges, die Überwachung in einer neuen Dimension und ob das Fahrzeug für Singles zu empfehlen ist.


Die Elektromobilität wird sich durchsetzen, aber nicht in dieser Form, mit dieser Technologie.


Mercedes EQC an einer EON Ladestation
Test Ladestation EON

Grüne Technologie-Verschlossenheit und politische Einfallslosigkeit verfehlen das Thema einer neuen mobilen Zukunft.


Die Politik drückt das Elektroauto mit ideologisch moralisierender Gewalt und riesigen Zuschüssen aus Steuergeld in den Markt. Ein Mobilitätskonzept für die Zukunft fehlt bei allen Beteiligten.


Politik sollte Machbarkeiten prüfen und uns schöne Storys verkaufen. Diese mit Licht und Leben füllen und mit gutem Beispiel vorangehen. Stattdessen werden die Zielgruppen nur angebrüllt. Grüne Umweltpolitik kennt nur veraltete Akku-Technologien, Lastenfahrräder, Sonnenschirme und Windmühlen. Jegliche Technologie – Diskussion ist unerwünscht.


Warum mit aller Gewalt die Lithium-Ionen-Akku Autos in den Markt gepresst werden, ist mir unklar. Wir benötigen eine milliardenschwere Infrastruktur, die wertvolle Ressourcen verschwendet. Auf Deutschlands Straßen fahren knapp 50 Millionen Kraftfahrzeuge. Laut Handelsblatt Research Institut wären hierfür 5 Millionen Ladesäulen (100.000 pro Million) notwendig. Multi-Milliarden Summen für eine bald wieder unnötige Infrastruktur. Zumal die zur Zeit benötigten Batterie-Rohstoffe schneller verbraucht sind als die noch vorhandenen Öl-Vorräte.


Im Bundestag gab es Anfang 2021 praktisch keine rein elektrischen Fahrzeuge. Nur einen Mercedes EQC von Steffi Lemke. Erst Anfang 2022 gingen drei weitere, rein elektrische Fahrzeugbestellungen, raus. Ich vermute, Annalena Baerbock erhält ihren Mercedes EQS, aufgrund der Lieferprobleme, nicht mehr in ihrer Amtszeit.


Habeck, Scholz und Lindner fahren gepanzerte Verbrenner mit 20 Liter auf 100 Kilometer. Der Spaß und die viel gepriesene Entschleunigung gehen an Ihnen vorbei. Unseren Bundeskanzler möchte ich auch wirklich nicht noch entschleunigter sehen.


Wenn Motorjournalisten mit vollem Bauch und geladener Batterie die Märchenbücher auspacken


Ich bin oft fassungslos, welche Märchen und Milchmädchenrechnungen bezüglich dieser Thematik aufgeschrieben werden. Mir ist klar, wenn Bauch und Auto an den schönsten Orten dieser Welt voll geladen sind, produziert man tolle Ergebnisse. Ein vollgeladenes E-Auto ist cool, erst im leeren Zustand ohne Ladesäule in der Nähe wird es spannend. Da befinden sich alle Journalisten im Verbrenner schon wieder auf der Heimreise.


Für wen funktioniert das Thema E-Auto heute schon, für wen nicht?


Eigenheimbesitzer, mit Solardach und kurzen Arbeitswegen sind eine 1A Zielgruppe. Für alle anderen wird es schwierig. Für den „Normalo“ ohne eigene Säule, für den Öffentlich-Lader ist es eine schwierige und teure Angelegenheit.


In Chaträumen und Diskussionsforen treffen beide Zielgruppen unversöhnlich aufeinander und schlagen sich digital die Köpfe ein. Wobei beide Seiten für sich recht haben. Politisch wird hier eine weitere Spaltung im Land befördert. Die Politik sollte sich mehr mit der Lebensrealität der Menschen im deutschen Auto-Land befassen!


Auswahl des Test-Fahrzeuges und der Ladekarten


Das Mercedes-Abo brachte mir die höchstmögliche Flexibilität im Vertrag. Ich fahre zum ersten Mal im Leben einen SUV. Eine Schrankwand mit E-Motor war nicht unbedingt mein Traum. Allerdings hatte die Vertragsnummer 000000001 schon etwas Exklusives.


Es ist unabdingbar, sich vor dem Kauf richtig schlau über Lademöglichkeiten, Karten und Dienstleister zu machen. Da bin ich etwas blauäugig hinein gerannt und habe einen Tag vorher noch schnell eine Ladekarte geordert. Die Hersteller helfen da nicht unbedingt weiter und sind am Ende meistens teurer. Positiv bei Mercedes ist der günstige Ionity Tarif für das erste Jahr. Diesen konnte ich allerdings aus Mangel an Möglichkeiten nur einmal nutzen. Ich empfehle zum jetzigen Zeitpunkt die ADAC-Ladekarte, alternativ die EnBW-Karte.


Fahrzeugübernahme im Januar 2021


Bei Elektroauto feindlichen Temperaturen um die fünf Grad durfte ich mir das Auto vollgeladen abholen und war zum ersten Mal enttäuscht. Aus den 421–462 Kilometer NFEC - Reichweite im Prospekt waren 275 Kilometer vollgeladen übrig geblieben. (Die Mercedes EQC Seite gibt im Zuge der Entwicklung heute geringfügig bessere Zahlen aus)


Die ganzen Verbrauchsnormen haben mich im Vorfeld wenig interessiert. Der realistische WLTP Wert von 22,2 kWh/100 Kilometer ergibt bei besten Bedingungen nur noch eine Reichweite von 360 Kilometern. Ich bin gespannt, wie und ob ich diese jemals erreiche.


Die zugehörige App bittet mich höflich, nicht mehr als 80 % zu laden und nicht unter 10 % zu kommen. Bei Erfüllung dieses Wunsches gehen von den 275 Reichweite-Kilometern noch einmal 82,5 Kilometer weg. Wir wären bei 192,5 Kilometer angekommen. Ich wurde langsam unruhig.


Wie elektrisch fühlt sich der Mercedes an?


Grundsätzlich ist der Mercedes EQC ein gutes Auto, ein Benziner mit E-Motor. Das merkt man an vielen Stellen. Noch nicht einmal Platz für das Kabel ist zu finden. Das kullert dann in dem schon viel zu kleinen Kofferraum herum.


Die Qualität ist gewohnt auf Mercedes-Niveau. Die Trittbretter sind verzichtbar, die sehen am Auto schön aus, das Ein- und Aussteigen ist behindert. Ich komme mir immer wie ein Dreijähriger vor, der vom Kinderstuhl klettert.


Die Digitalisierung ist unbeholfen deutsch gelöst. Das können andere Hersteller deutlich besser. Erstaunlicherweise ist die Suche nach Ladestationen überhaupt nicht durchdacht. Wie nachträglich in das Mercedes-System rein geschustert. Die Spracherkennung funktioniert in den Standard-Belangen einwandfrei. Die Ladesäulen Suche ist als wichtigste Funktion nicht gut gelöst. Ohne Handy App wäre ich aufgeschmissen.


Ich muss gestehen, an die Ruhe gewöhnte ich mich unerwartet schnell. Das Motorengeräusch vermisste ich nicht. Die 408 PS drücken dich eindrucksvoll in die Sitze.


Der ängstliche Blick auf die Ladeanzeige bremst jedoch jeden Übermut und verhindert unkontrollierte Ausbrüche. Ein Punkteabbau in Flensburg ist garantiert.


Eine neue Dimension in der Überwachung


Das Gute vorab. Ich hatte nie Angst, dass mir das Fahrzeug gestohlen wurde. Über die App ist es jederzeit auffindbar. Mit Vollgas bei 180 km/h ist sowieso nach 80 km Schluss, die Übeltäter können dann entspannt an der Ladesäule einkassiert werden.





Die App macht mir mehr Sorgen. Wie schon beschrieben, ist die Digitalisierung der Komfortfunktionen zur Unterstützung des Fahrers nicht gut gelöst. Die App sagt mir allerdings auch, dass ich schlecht und nicht vorausschauend gefahren bin, wenn ich den Akku zu voll geladen habe und das Auto mit vollem Akku schlecht geparkt habe. Dafür gibt es Punkte. Mit eigener schlechter Lade-Situation sind die letzten zwei Positionen einfach nicht erfüllbar. Ich rechne stark damit, dass diese Daten in die Garantie-Bewertung des Akkus einfließen werden. Wer die Batterie immer voll lädt und das Auto mit vollem Akku über Nacht stehen lässt, wird in Zukunft ein Problem mit der Gewährleistung bekommen.


E-Auto fahren verändert spaßfrei dein Leben und entschleunigt nicht wirklich


Dieses Auto verändert mein Leben und meine Fahrweise gründlich. 30 Jahre kannte ich die rechte Spur nur vom Hörensagen. Ab sofort war sie meine zweite Heimat, fahren im Rentner-Style zwischen Lkws und niederländischen Wohnwagen.


Das hämische Grinsen der überholenden Opel Corsa-Opas und Fiesta-Omas brannte sich mir regelrecht ein. Du wirst nicht mehr ernst genommen. Annalenas Kobolde auf der Rückbank kicherten heimlich vor sich hin.


Dafür war ich Ampel-Sieger. So schnell und kompromisslos geht das nur mit dem Elektroauto. Lustigerweise wirst du hier und da von 3er-BMWs mit coolen Jungs und Sound verstärkten Motoren herausgefordert. Dann nicht so doll aufs Gas treten, um die verschämten Gesichter wenigstens noch kurz im Rückspiegel zu sehen.


Als E-Auto-Öffentlich-Lader – Fahrer musst du alle möglichen Eventualitäten planen. Benötigt mich meine pflegebedürftige Mutter? Die 130 Kilometer hin und zurück werden zur Herausforderung. Finde ich schnell einen freien Lader? Habe ich Zeit zum Laden? Welche Termine stehen an? Das Auto griff brachial in meine Wochenplanung ein.


Mein Sohn hasst das Auto, nachdem ich ihn aufgrund von Strommangel nicht vom Training abholen konnte. Meine Frau wollte nie so richtig mitfahren, das Thema nervte sie.


Für Singles kann ich das E-Auto nicht empfehlen. Damit lässt sich keine Frau im gebärfähigen Alter aufreißen. Die Blicke sind eher mitleidig. Und mal kurz zum Sektfrühstück nach Venedig düsen, um Eindruck zu schinden, fällt sowieso aus.


Die gemachten Angaben und Verbräuche heißen in der Verbrenner-Sprache Diesel-Skandal


Für den Winter konnte ich sagen, die 30 kWh waren auch bei rollender Fahrweise kaum zu unterschreiten. Ich hätte 100 Euro gespendet, wenn jemand den WLTP Wert geschafft hätte. Meine App sagte mir, den anderen Fahrern geht das genauso. Ehe du an dir zweifelst, einfach die Werte der Fahrergemeinschaft anschauen und alles ist wieder gut.


Bei 23 Grad optimale Außentemperatur komme ich an die 22,2 kWh nach WLTP ran, manchmal sogar darunter. Das harmoniert allerdings nicht mit dem wirklichen Verbrauch, wie ich letztens feststellen musste.


Angezeigter Verbrauch und Batterieladestand passen nicht zusammen. Auf meiner Teststrecke erreichte ich einen Verbrauch von 23,3 kWh mit allen Verbrauchern, die Batterie verlor 36 %. Das bedeutete 28,8 kWh. Ich habe 5,5 kWh auf einer Strecke von 120 km einfach verloren. Beim Diesel wäre spätestens jetzt ein Skandal vorprogrammiert.


Einen weiteren Verlust erlebt der Elektroautofahrer beim Laden. Zwischen 8 % und 13 % verschwinden einfach so im Nirgendwo. Als ob du einen Eimer mit 8 Liter Treibstoff beim Tanken neben die Zapfsäule kippst.


Eine miserable Ladeinfrastruktur und Tragödien an den Ladesäulen


Überdachungen, wie bei einer Tankstelle, gibt es an den Ladesäulen nicht. Anfangs stand ich regelmäßig im Regen und versuchte mit der Lesebrille, das Ding zum Laufen zu bringen. Mittlerweile kann ich anderen Neulingen helfen.


Thüringen und die Landeshauptstadt Erfurt haben für mein Gefühl zu wenig Säulen. Erstaunlich, für ein Bundesland mit einer grünen Umweltministerin. Seit es in unserem Gewerbegebiet einen Tesla mehr gibt, stehe ich 30 Minuten eher auf, nach zwei weiteren Hybriden 60 Minuten früher. Mittlerweile habe ich aufgegeben, ich bekomme einfach keinen Platz mehr in der Nähe der Firma. In den 14 Monaten entstanden in meinem Umfeld keine neuen Säulen. Mein Büro-Vermieter beantragte drei Stück und bekam keine.


Mit den langsamen AC-Ladern ist das Auto nicht voll zu bekommen. Vier Stunden für ca. 100 Kilometer Reichweite, danach kommen 6 Euro pro Stunde Standgebühr hinzu.


Das Nachtladen funktioniert aufgrund der Standgebühr nicht, obwohl die meisten Säulen frei sind. Schnelle DC-Lader gibt es nur wenige und befinden sich meistens an Orten, wo nichts los ist und du im Auto bleibst. Man lernt Orte kennen, wo man sich früher nachts nie hin getraut hätte.


Über 60 Stunden habe ich innerhalb eines Jahres beim Schnellladen im Auto verbracht, das muss man wissen. Das Fahrzeug stand insgesamt 500 Stunden an Ladesäulen bei 1250 Km im Monat. Bei 1250 Kilometer im Monat tankt der Dieselfahrer 1,5-mal in einer Viertelstunde voll.

Allerdings lernst du viele interessante Menschen und Schicksale an den Ladestationen kennen. Wenn der Vater mit 12 Kilometer Restreichweite auf der Uhr ankommt, der seine Tochter abholen muss und dich anbettelt, ihn vorzulassen. Ich kenne das Thema, mein Sohn spricht deswegen auch nicht mehr mit mir. Vorlassen ist dann aber nicht mit 5 Minuten abgetan. Letztens kam einer an, der mehr Schweißtropfen auf der Stirn hatte, als Kilometer in der Batterie. Sagenhafte 1 Kilometer Reichweite. Und keine freien Plätze mehr.


Wenn du der Umwelt zuliebe umgerechnet zum Dieselpreis zwischen 3,29 Euro und 4,60 Euro elektrisch fährst (vor der jetzigen Preiserhöhung)


Über die Lade-Preise regt sich kein Mensch auf. Die stehen nämlich nicht an der Säule daran. Eventuell kannst du was in deiner App über die Strom- und Standkosten herausbekommen. Du lädst auch immer nur zwischen 10 und 20 Euro. Dafür bis zu dreimal am Tag. Einmal im Monat dann der harte Schlag in Form der Monatsrechnung des Kartenanbieters.


Während du mit dem Verbrenner die günstigste Tankstelle zur besten Zeit suchst, ist das bei den Ladesäulen völlig irrelevant. Du musst nur die beste Karte für die angefahrene Säule in der Tasche haben. Bei Aral Pulse Schnelladern zahle ich mit ADAC zur Zeit 52 Cent, mit Mercedes me Charge 80 Cent. Bei Ionity lade ich mit ADAC für 79 Cent, mit Mercedes 29 Cent. Aber nur im ersten Jahr, danach kostet Mercedes auch 79 Cent, es sei denn man zahlt 156,00 Euro Jahresbeitrag für das vergünstigte Ionity-Laden. Man kann durchaus bis zu 270 % Preisunterschied mit dem falschen Anbieter haben. Man stelle sich vor, mit der falschen Karte kostet der Liter Diesel nicht 2 Euro sondern 7,50 Euro. Das ist an Tankstellen völlig ausgeschlossen.

Jede Abrechnung wurde von mir bis in das kleinste Detail ausgewertet. Im Sommer 2021 verbrauchte ich noch hervorragende 10 Cent / Kilometer. Dieses Jahr im Winter liege ich bei 23 Cent. Der Winter ist immer teurer, das merkt man schnell. Auch mit Wintermantel beim Fahren. Im letzten Sommer, nach meinem 10 Cent Verbrauch gab es eine unglaubliche 45-prozentige Preissteigerung bei meinem Anbieter. Trotzdem liegt er immer noch unter dem Mercedes Preisniveau. 23 Cent bedeuten, bei einem Verbrauch von 7 Liter Diesel, einen Dieselpreis von 3,29 Euro. Wenn man den Diesel allerdings wie ein Elektroauto fährt, komme ich, getestet mit dem Diesel meiner Frau, auf 5 Liter. Entspricht einem Dieselpreis von 4,60 Euro. Stromfahren ist billig? Ja, mit Solardach zu Hause, Verbräuchen um die 15 kWh oder einem Autotarif Tarif um die 22 Cent. Der ist zurzeit aber nicht zu bekommen.


Audi Etron GT in rot zum Test
Audi Etron GT Test

Es gibt sicherlich Autos, die kommen mit weniger aus. Audi stellte mir einen Etron GT zum Testen zur Verfügung. Der Verbrauch hat sich besser angefühlt, wenn ich auch an einem Tag, analog der Motorjournalisten, keine vernünftigen Ergebnisse bekomme. Der Vergleich Schrankwand gegen Surfbrett ist auch nicht ganz fair.


Einmal Kaffee und einmal Pipi, Auto halb voll, stimmt nur auf dem Papier


Statt den Sonntag mit meiner Frau zu verbringen, fahre ich an das Erfurter Kreuz an die 300 kWh Schnelllader. Montag benötige ich ein vollgeladenes Fahrzeug. Die mögliche Ladeleistung habe ich das ganze Jahr nicht einmal gesehen. Meistens pendelt sich das in den 60er und 70er-Bereich ein. Das nennt man intelligent laden, damit der Batterie nichts passiert und sie lange hält. Ich habe alle Zahlen ausgewertet. Das Fahrzeug schafft lt. Angabe 110 kWh an den Schnellladern. Ich komme über das Jahr bei zahlreichen Ladevorgängen an 300 kWh Ladern auf durchschnittlich 55,89 kWh Ladezeit. Die 110 kWh sind nur unter bestimmten Bedingungen kurzzeitig verfügbar. Dann greift das Lademanagement brutal ein, auch wenn die Milchmädchenrechnungen unserer Journalisten etwas anderes aussagen.


Ein Tag, 335 Kilometer, zwei Kundentermine, 3 Ladehalte


Ich skizziere einmal kurz den Aufwand eines Tages mit insgesamt 335 Kilometer Fahrstrecke. Mit einem Diesel würde ich so einen Tag zweimal schaffen.


Ich habe den Tag für mich genau skizziert. Genaue Ladestände, Temperaturen, Kilometer und Zeitangaben. Mit 86% um 7.30 Uhr bei 4,5 Grad Außentemperatur losgefahren, um 16.57 Uhr bei 10 Grad mit 87% wieder angekommen.


335 mm gefahren, 4 Stunden, 37 Minuten Fahrzeit. 73 Kilometer pro Stunde im Durchschnitt


2 Stunden und 7 Minuten an Ladesäulen gestanden, 98,77 kWh geladen, Kosten 58,30 Euro


8,8 % Ladeverlust, ca. 5 Euro in den Ausguss gekippt, entspricht 0,174 Cent / Kilometer


Mit dieser Fahrweise hätte ich 5 Liter Diesel auf 100 Kilometer gebraucht, der Strompreis würde einem Dieselpreis von 3,48 Euro entsprechen.


Abgesehen von dem Preis, die Anpassung der Tagesplanung an das Fahrzeug hältst du das nicht lange durch. Als Heimlader wäre es einfacher gewesen, die letzte Ladung hätte ich mir dann sparen können.


Urlaub dann doch lieber im Verbrenner


Eine Urlaubs-Testfahrt sollte es noch sein. Ich wollte Freunde an der Ostsee in Kühlungsborn besuchen. Die Mercedes App zeigte mir für die 500 km über 7 Stunden an. Die viel längere Fahrzeit hätte ich hingenommen, die lediglich zwei öffentlichen und langsamen AC-Lader am Zielort nicht. Für einen Urlaubsort war mir das Lade-Risiko zu groß. Meine Frau war erleichtert, wir nahmen den Verbrenner.


Das schwere Auto ruinierte meine Einfahrt


2,7 Tonnen Leergewicht sind schon eine Hausnummer. Der Wagen liegt gut und satt auf der Straße.


VW schreibt zu diesem Thema: „Je nach Modell wiegt der Akku bei reinen E-Fahrzeugen meist zwischen 200 und 700 Kilogramm. Beim Plug-in liegt die Spanne in der Regel bei 75 bis 170 Kilogramm. Prinzipiell hat ein größerer Akku und dessen höheres Gewicht aber auch Vorteile. Dadurch, dass die Batterie bei den ID-Modellen von Volkswagen am Boden des Fahrzeugs eingebaut wird, liegt der Schwerpunkt des Autos tiefer. Und das sorgt für mehr Fahrspaß und eine besonders gute Straßenlage.“


Ich sage: Schwachsinn. Bitte mal ausrechnen, was nur 300 Kilogramm bei 50 Millionen Fahrzeugen bedeuten. Mein heimisches Pflaster litt schwer an dem Gewicht. 10 Jahre mit großem Diesel ohne Probleme befahren, ein Jahr Elektroauto kostet mich jetzt mehrere tausend Euro zur Reparatur der Spurrillen. Der einfache Unterbau für Pkw reicht an dieser Stelle nicht mehr aus, es werden schwerlastbefahrbare Unterbauten notwendig.


Ein grünes Gefühl wollte mir nie so richtig aufkommen. Meine Annahme, Grün fühlt sich leicht, sparsam und entspannt an, war schlicht falsch. Mit einer dreiviertel Tonne zusätzlicher Rohstoffe unter dem Hintern, einem immensen Stromverbrauch, ohne zu wissen, woher er kommt, schmilzt jedes grüne Gefühl dahin.


Fördergelder fließen ohne Sinn und Verstand an die falschen Stellen


Es fehlt an Geld für Photovoltaik-Anlagen und Batteriespeicher. Das Thüringer Solar-Invest Programm war nach einem Tag im April 2022 bereits wieder geschlossen. Ohne Probleme werden dagegen E-Autos mit riesigen Summen gefördert. Warum gibt es mehr Geld für den Verbrauch von Energie durch Elektrofahrzeuge, statt erst einmal alle möglichen Mittel in die Energieerzeugung zu pumpen? Wenn es genügend Solarenergie gibt, verkaufen sich die Fahrzeuge auch ohne Stütze wie geschnittenes Brot. So viel politische Kurzsichtigkeit macht sprachlos.


Wo liegt die Zukunft der Batterietechnologie? Wo gehen wir hin?


Es kommen deutlich bessere Technologien. Mit der Natrium – Ionen Batterie machen wir einen großen Sprung nach vorne. In der Zukunft sehen wir Batterien, die wirklich rasant laden und extrem weit kommen. Sie benötigen weniger Platz, weniger Gewicht und kosten deutlich weniger. Es wird kein teures, seltenes Lithium mehr gebraucht, die Entzündbarkeit geht gegen null.


John Goodenough, Miterfinder des Lithium-Ionen-Akkus, will die Glas-Batterie in zwei Jahren zur Serienreife bringen. Wenn das nicht klappt, gibt es andere Lösungen. Aluminium – Luft-Batterien finde ich genauso spannend, wenn auch die Selbstentladung schwer beherrschbar ist. Wäre das lösbar, sind Reichweiten bis 2500, vielleicht sogar bis 20.000 Kilometer möglich. Diese Batterien werden nicht mehr geladen, sie werden ausgetauscht. Das verwendete Natrium der Glas-Batterie ist unbegrenzt verfügbar, Aluminium ist das häufigste Metall der Erde. Das Rohstoff-Thema ist dann wirklich grün gelöst.


Oder wir werden mit der Neutrino Energy & Neutrinovoltaic – gestern noch Utopie, völlig neue Realitäten der Energiegewinnung erhalten.


Bei den extrem hohen Reichweiten und schnellen Ladezeiten ist dann das Multi Milliarden-Ladenetz wieder überflüssig. Politisch verträumte Entscheidungen, die die Schulden des deutschen Steuerzahlers unverantwortlich in die Höhe schießen lassen.


Ich wünschte mir von der deutschen Politik mehr Technologieoffenheit und vorausschauendes Denken. Das wäre ein Garant dafür, dass man nicht katastrophal daneben liegen kann.

Die Batterieentwicklung findet, abgesehen von ein paar deutschen Forschungsinstituten, vorwiegend in China und Amerika statt. Die deutschen Autobauer stehen vor einem erheblichen, bisher ungelösten Wertschöpfungs-Problem und signifikanten Verlusten für die deutsche Zukunft. Es gibt viel zu tun.


Ich beende an dieser Stelle das Thema und gebe das Auto der Zukunft wieder ab. Seine Zeit wird kommen, mit vielen neuen Innovationen. Ich hoffe auf die richtigen politischen Entscheidungen für die richtige Entwicklung in Deutschland.


Ich bin mir sicher, es wird viele Leute mit anderer Meinung geben. Ich bin mir aber auch sicher, dass nur wenige so kompromisslos an öffentlichen Ladestationen getestet haben. Mit denen tausche ich mich gerne aus.



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